Jäger und Beute
Ich werde gut versorgt von meinen Menschen. Wie bereits erwähnt, funktioniert die Sache mit öffnen der Futterpäckchen, bereitstellen von Keksen (sie nennen es Trockenfutter) und Näpfchen mit spezieller Milch ziemlich gut. Nicht perfekt, aber gut. Hier möchte ich – und ich kann es nicht oft genug tun – darauf hinweisen, dass es trotzdem Stunden dauert, bis meine leeren Näpfe gefüllt werden. Sie behaupten natürlich, ich würde übertreiben und der Nachschub würde sich auf Nachfrage meinerseits in Minutenschnelle einfinden. Gelogen! Aber das nur am Rande. Ich habe übrigens herausgefunden, dass es auch sehr schmackhaftes Zeug gibt, das die Menschen futtern. Gekochter Schinken, Kalbsleberwurst und frisches Fleisch. Nicht, dass ich mich ausschließlich davon ernähren möchte, aber: nette Häppchen für zwischendurch und Rettung vor Entkräftung. Wie ihr seht: ich bin versorgt.
Aber ich bin auch ein Jäger. Ein guter Jäger! Viele Geschenke habe ich meinen Menschen schon dargebracht, Mäuse und Vögel. Ich fange meine Beute und bringe sie nach Hause. Oft – wenn ich mit etwas Vorsicht vorgehe – leben diese kleinen Tierchen noch und ich kann mit ihnen spielen. Das macht Spaß. Sie versuchen, sich zuverstecken, aber das nützt ihnen meistens nichts. Ich lasse sich nicht gehen. Mein Menschenmann ist vernünftig – er versteht meine Natur, lobt mich für mein Geschick und das Geschenk. Mit der Menschenfrau ist das eine andere Sache. Sie wird laut, keift etwas von Bestie und Quälerei und knallt mir die Tür vor der Nase zu. Kein Verständnis, kein Einfühlungsvermögen. Dieser Tage hat sie es auf die Spitze getrieben. Meine Beute – ein kleiner Vogel – hielt lange durch. Sogar der Menschenmann hat versucht, ihn zu retten. Ohne Erfolg! Irgendwann war ich etwas müde, wollte mich ausruhen und mir den Piepmatz für später aufheben, auch wenn nicht mehr viel Leben drin war. Da hat sich doch diese Furie auf zwei Beinen einen Stein geschnappt und meine Beute erschlagen! Ich war empört. Enttäuscht. Fühlte mich hintergangen. Nicht auszudenken, wenn ein gerade herumstreunender Artgenosse das mitbekommen hätte. Welch ein Imageverlust das gewesen wäre. Wenigstens waren die Überreste noch genießbar!
Im übrigen sollte diese Frau dankbar sein, dass sich jemand auch um die Mäuse IM Haus kümmert, die sich hier eingenistet haben. Eine konnte ich fangen und sie dem Menschenmann anbieten. Vor dem Bett, so dass er sie nicht übersehen konnte. Mir wurde gebührend gedankt. Glaubt aber nicht, dass ich ein anerkennendes Wort von dem Weib erhalten habe. Im Gegenteil! Sie beschuldigt mich, die Mäusebande ins Haus gebracht zu haben. Ich meine, das kommt nun mal davon, wenn ich nicht in Ruhe meine Arbeit erledigen kann. Ich fange die Nager im Garten und bringe sie ins Wohnzimmer, um mich ihrer in Ruhe anzunehmen. Die Dame veranstaltet ihr übliches Theater, meine Konzentration wird gestört und schon sind die Kleinen weg. Was denkt sie denn, was passiert? Die rennen nicht in den Garten zurück. Ab geht es unter die Schränke. Keine Chance, da so schnell ‚ranzukommen.
Mein neuester Sport besteht darin, den Frosch, der im Gartenteich lebt, zu fangen. Nur so als Training. Dieses Klitschding ist eklig und schmeckt bestimmt nicht gut. Aber Leute, ich sage Euch: dass bringt Leben in beide Zweibeiner. Jedesmal schnappen sie ihn und setzen ihn zurück ins Wasser. Der Knabe ist bestimmt völlig runter mit den Nerven inzwischen. Muss er halt besser aufpassen.
So, jetzt muss ich mich wieder an die Arbeit machen. Goldfisch vielleicht? Bis zum nächsten Mal.