Die Hasel in unserem Garten ist ein prachtvoller Baum. Ein Schmuckstück, das bereits über sieben Meter hoch ist. Die Nachbarn haben sich bisher nicht beschwert, nur gebeten einige Äste zu beschneiden, die an den Fensterscheiben gekratzt haben. Ansonsten darf sie wachsen und zusammen mit dem kleinen Teich und einer Mirabelle unsere grüne Oase verzaubern. Reiche Früchte trägt sie, unsere Hasel. Die sie im Herbst gewissenhaft über das Gelände verteilt, so dass überall kleine Haselbüsche wachsen. Die Nüsse sind klein, schmecken sehr gut und lassen sich so schwer schälen, dass der Großteil der Ernte bei Freunden landet, die von Eichhörnchen besucht werden. Bei uns lässt sich nämlich keiner der kleinen Nager blicken.
Unsere Hasel steht vor meinem Fenster. Sie dient Elstern und Tauben als Schlafplatz, schon seit einigen Jahren. Noch vor der Abenddämmerung beziehen unsere gefiederten Freunde ihre Plätze. Die Elstern nehmen das Dinner an den Schälchen mit Katzenfutter ein, wo die Tauben zu Abend essen, kann ich nicht sagen. Das Katzenfutter schmeckt den Schwarzweißen wohl, denn bisher haben uns keine Beschwerden erreicht. Wahrscheinlich sind sie nicht wählerisch, im Gegensatz zu unserem komplett schwarzen Mitbewohner. Black ist verantwortlich für die Reste in den Näpfen. Aber wie schon mehrmals erwähnt, gibt er gerne den Gastgeber.
So ein Schlafbaum bringt allerings auch Nachteile mit sich. Zum einen benutzen Vögel bekanntlich keine Toilette, so sieht es morgens dann auch aus. Bank, Stühle und Glastisch stehen genau in der Schusslinie. Zum anderen ist es laut. Natürlich erreicht der Krach in den Morgenstunden seinen Höhepunkt, es kann aber auch mitten in der Nacht zum Tumult kommen. Keine Ahnung, ob die Elstern sich streiten oder ganz einfach schlecht träumen oder beides zusammen kommt: man wird schon wach davon. Und diese Vögel haben keine schönen Stimmen! Das Spektakel hätte unsere Jungs in ihren Teeniezeiten auf jeden Fall dazu veranlasst, den Baum zu fällen.
Die Täubchen sind angehmer, sie übernehmen bei Tagesanbruch eine Art sanft gurrenden Weckdienst.
Obwohl Katzen eigentlich keine Chance haben, in die höheren Regionen der Hasel zu klettern, dient sie bei uns nicht als Nistbaum. Vielleicht stehen die Häuser zu dicht zusammen oder die Gärten sind zu klein, so dass sich die Vögel nicht sicher vor Menschen fühlen. Um so interessanter war es die Bemühungen einer Elster in diesem Jahr zu beobachten, die versuchte, in den dünnen oberen Ästen ein Nest zu bauen. Halbherzig, muss ich hinzufügen. Das Gebilde ließ zwar ein Nest erahnen, aber so recht ging es nicht voran. Eine zweite Elster, ich vermute das Weibchen, inspizierte ab und an die Bauarbeiten. Vielleicht war sie von den architektonischen Fähigkeiten ihres Partners nicht überzeugt, oder der Platz der Immobilie sagte ihr nicht zu. Jedenfalls erscholl irgendwann – natürlich mitten in der Nacht – ein Riesengezeter und am nächsten Morgen war von der Baustelle nichts mehr zu sehen. Die Überreste hat mein Mann unter dem Baum gefunden. Welch ein Drama mag sich wohl abgespielt haben? Zumindest müssen wir keine aus dem Nest gefallenen Jungtiere aufsammeln, vor dem Ertrinken oder aus den Fängen unserer Furie retten.
Und unsere Hasel ist jetzt wieder nur ein Schlafbaum.