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Urlaub, wirklich?

Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt

Ferien zu Hause haben auch etwas. Soll ja ein neuer, durchaus nützlicher Trend sein. In unserem Fall nicht auf Balkonien, sondern immerhin auf Terrassien. Zum einen gibt es immer Dinge zu erledigen, zu denen man sonst nicht kommt: ausmisten, streichen, solche Sachen. Zum anderen gibt es Dinge, die man gerne tun möchte. Hobbys: schreiben, malen, einfach kreativ sein.

Für diese zwei Wochen jetzt im Juni habe ich mir eine Schönwetterperiode ausgesucht.
Na ja, eigentlich ist es schon eine Hitzewelle. Im Augenblick sind es an die 30 Grad da draußen, verbunden mit einer drückenden Schwüle. Schön ist es trotzdem: alle Türen und Fenster sind geöffnet. Wieviel mehr Wohnraum plötzlich vorhanden ist! Der Kater zeigt sich nur alle paar Stunden. Vorzugsweise wenn wir uns im Garten aufhalten und unsere Backgammon-Schlachten schlagen. Er legt sich zu uns, fordert irgendwann eine Mahlzeit ein und verschwindet wieder. Bestimmt hat er irgendwo ein kühles Plätzchen gefunden.

Er möchte uns einen Gefallen tun

Schattig mit Überblick

Im Januar also habe ich diese beiden Wochen festgelegt. Und bisher nur einen Bruchteil meiner Pläne in die Tat umgesetzt. Allerdings ist das nicht ausschließlich meiner nur schwach entwickelten Disziplin geschuldet, sondern auch der Tatsache, dass es in unserer Familie einen Todesfall gab und die Beisetzung vor einigen Tagen stattfand. Ein Ereignis, das man sich nicht wünscht und das nicht innerhalb eines Tages abzuwickeln ist. Tage der Vorbereitung, der Tag als solches und die folgenden Tage zur Erholung. Wir haben ein Familiengrab auf dem Alten Friedhof in Darmstadt, seit rund hundertzwanzig Jahren im Besitz meiner Familie mütterlicherseits. Wie der Name verrät, ein Friedhof mit vielen alten Bäumen und zum Teil noch älteren Grabstätten, geschmückt mit verwitterten Steinen. Schön, soweit ein solcher Ort dies sein kann. Schattig und friedlich. Und die Darmstädter, die dort liegen und zu ihren Lebzeiten Fans der Lilien – SV Darmstadt 98 – waren, können ab und an sogar den Tumult im Stadion am Böllenfalltor hören.

Als kleines Kind habe ich mit Eltern und Großmutter ganz in der Nähe des Friedhofs gewohnt, in der Inselstraße. Meine Oma war es , die mich dort spazieren geführt hat. Eichhörnchen haben wir gefüttert. Daran kann ich mich gut erinnern. Derzeit wohnt einer unserer Söhne mit seiner Freundin auch nur ein paar Straßen entfernt. Auch dort gibt es Eichhörnchen. Die Familie bleibt dieser Ecke in Darmstadt wohl verbunden. Und teilt sich die Grabstätte nun auch mit der Familie meines Mannes. Die Mitglieder der Familien haben sich das so sicher nicht gedacht. Sollten dort bei Vollmond Geisterzusammenkünfte stattfinden, werden diese wohl nicht ausschließlich friedlich verlaufen…

Ruhestatt für alle

Nach der Beisetzungszeremonie haben wir die Trauergäste zu einer Abschiedsparty bei uns zu Hause geladen. Ja, Party. Wir haben uns bewußt gegen Begriffe wie Trauerfeier oder – noch schlimmer – Leichenschmaus entschieden. Gemeinsam mit Freunden sollte gegessen, getrunken, erzählt und gelacht werden. Ich glaube, es war eine gelungene Feier! Mein Schwiegervater hätte Gefallen daran gefunden, vor allem auch an dem einen oder anderen Gläschen, das in Gedenken an ihn geleert wurde. Helmut, Du bist wieder in den Händen von Christel, die darauf achtet, dass Du Dich ’nicht verstellst‘.

Helmut Wittstock mit Sohn und Enkeln

Nun, ein paar freie Tage habe ich noch frei, wenn auch überschattet von einem weiteren Todesfall in der unmittelbaren Nachbarschaft, ein freundschaftliches Verhältnis ‚über und am Zaun‘. Natürlich finden auch direkte Treffen statt, aber so manches Stück Kuchen wechselt eben auch einfach mal übern Zaun die Seiten. Chris, möge eisgekühlte Cola für Dich bereitstehen.

Vielleicht sollte ich meinen Urlaub im August absagen. Aber ich bin ja nicht abergläubig.

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