Der schwarze Kater der Familie
Übernahme
Meine Menschenfrau hat hier einmal geschrieben: er kam zur rechten Zeit. Dem möchte ich zustimmen. Es war damals für alle Beteiligten wichtig, dass ich den Weg zu dieser Familie gefunden habe.
Wir waren zu zweit unterwegs. Schwarze Katzen ohne Zuhause, scheu und immer hungrig. Dieser Hunger führte uns zu einem Ort, wo meist eine Schale mit Futter vor der Tür stand. Zugegeben, eigentlich nicht für uns Streuner gedacht, sondern für die Katzen, die hier lebten. Ein Kater und diese entzückende Katzenfrau Bella. Der Kater – Sylvester wurde er gerufen – war krank und ging uns aus dem Weg. Er war nicht mehr lange da. Einmal saß ich vor der Tür und schaute zu, wie eine andere Menschenfrau kam. Bald konnte ich Sylvester nicht mehr fühlen. Bella ahnte, dass auch ihre Zeit gekommen war und wollte ihre Menschen nicht alleine lassen. Sie ließ uns weiter aus ihrem Napf fressen, wartete sogar auf uns. Und sie ermutigte uns, ihre Familie als die unsere zu akzeptieren.
Meine Gefährtin war zu scheu, um sich darauf einzulassen und ging ihrer Wege. Ich hingegen war bereit, sesshaft zu werden und die Übernahme der Familie ins Auge zu fassen. Geschickt sind der Menschenmann und die Menschenfrau es angegangen, mich von den Vorzügen einer Gemeinschaft zu überzeugen.
Ich mochte es nicht, berührt zu werden. Also nutzten sie die Momente, in denen ich meine Schnauze in der Futterschüssel hatte, um mich zu streicheln. Im Nacken und zwischen den Ohren. Erst mal bin ich dann sofort abgehauen. Mit der Zeit erkannte ich, dass damit wohl keine Gefahr verbunden war. Im Gegenteil: es fühlte sich gut an.
Bella zog sich mehr und mehr zurück und es kam der Tag, an dem sie sich aufmachen musste, Mutter, Schwester und Bruder wiederzusehen. Ich beschloss, ihren Platz einzunehmen. Schließlich hatte sie mich genau darauf vorbereitet. Ich begann, vorsichtig, ganz vorsichtig, das Haus zu erkunden. Ich fing mit dem Raum direkt hinter der Tür zum Draußen an. Ganz nett, aber es gab Stellen hier, die deutlich interessanter rochen. Küche ist der Name der Menschen für diesen Platz, an dem ich weitere Futternäpfe fand. Ganz für mich allein! Wow! Allerdings brauchte ich mehrere Anläufe, um mich bis dorthin vorzuwagen. Manchmal machten sie die Tür hinter mir zu, sobald ich auf Erkundungstour war. Das hat mir nicht gefallen. Also habe ich ein wenig Panik verbreitet, bis sie mich wieder hinaus ließen. Das klappte nach ein paar Tagen sehr gut. Die Erziehungssphase war damit eingeleitet. Nicht meine, ihre!
Hier gab es zwar noch sehr viel zu tun, aber ich ließ es langsam angehen. Schließlich wollte ich nicht riskieren, die Menschen zu verjagen. Sie erwiesen sich als lernfähig und passten sich meinen Bedürfnissen an (jede Katze ist nun mal anders). Sie stellten sogar etwas hin, an dem ich meine Krallen wetzen und darin liegen konnte. Ich lebte mich ein, erkundete Haus und Garten und fand meine Schlaf- und Futterplätze für die unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten.
Einen beunruhigenden Zwischenfall gab es allerding. Der Menschenmann und die Menschenfrau stellten einen Kasten hin. Natürlich musste ich das Ding untersuchen. Nichts schlimmes, dachte ich! Zumal die Decke darin einen Geruch verbreitete, dem wir Katzen einfach nicht widerstehen können, sondern ganz wuschig werden. Irgendwann verschlossen sie den Kasten hinter mir und trugen mich aus dem Haus – wollten sie mich denn wieder loswerden? Ich wurde in einen größeren Kasten gestellt, der anfing Geräusche zu machen und zu schaukeln! Und dann trugen sie mich in ein anderes Haus und da waren andere Katzen und Hunde und Hasen und es roch nach Angst und dann wurde ich aus dem Kasten geholt und da war diese andere Menschenfrau, die irgendetwas mit Sylvesters und Bellas Schwinden zu tun hatte. Jetzt hatte ich richtig Angst!
Es stellte sich heraus, dass diese Frau sehr nett war und mich streichelte und so schön ruhig mit mir sprach. Es piekste mal kurz, habe ich aber kaum gespürt. Und dann sind wir wieder in den großen Kasten gestiegen und haben geschaukelt und waren wieder bald wieder in unserem Zuhause. Nochmal wurde ich zu diesem Ort gebracht, mußte sogar alleine dort bleiben und etwas schlafen.
Als ich wieder zu Hause war, habe ich mich zuerst etwas merkwürdig gefühlt, doch das verging rasch. Aber warum finde ich die Weibchen nicht mehr so aufregend? Na ja, es gibt ja genug andere Dinge, um die ich mich kümmern muss. Hier laufen für meinen Geschmack zu viele Katzenmänner herum und denen muss immer klar gemacht werden, dass das hier mein Revier ist. Es wird mir nicht langweilig!
Meine Persönlichkeit? Mein Name ist Blacky. Ich bin ein Kater, ich bin schwarz, ganz schwarz, und ich bin ein Gewohnheitstier: ich hasse Veränderungen. Meine Menschenfrau sagt immer:’Der Kater hat eine eingebaute Uhr, irgendwann fängt er noch an zu ticken‘. Was meint sie eigentlich damit?
Sie hat mir vorgeschlagen, auf dieser Seite ab und an über mein Leben als Familienkatze zu schreiben. Vorschlag angenommen! Ich werde jetzt erst mal in Erfahrung bringen, was es mit diesem Gerede über Uhr und ticken auf sich hat.
Bericht folgt nächste Woche.
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